Samstag, 17. Dezember 2016

Belgische Militärhandelsorganisation CMC | Aachen | Rothe Erde

Mal was anderes, so kurz vor Weihnachten. 

Bevor ich den vierten Teil zu dem Café Niessen aus der Aachener Pontstraße veröffentliche, möchte ich ein fast vergessenes Kapitel belgischer Militär-Historie in der Kaiserstadt Aachen in Erinnerung rufen.

Das zentrale Depot der Militärhandelsorganisation Cantine Militaire Centrale (CMC) der belgischen Streitkräfte in Aachen am Bahnhof Rothe Erde.


Die belgischen Militär-Wohnkomplexe mit eigenen Schulen, Kindergärten und Schwimmbädern sind ja schon längere Zeit aus Aachen (Burtscheid) und Umgebung verschwunden, genau wie die Kasernen der Belgier in Aachen und Umland verschwunden sind.

Im August 2012 und im Juli 2013 habe ich auf dem Gelände der früheren Cantine Militaire Centrale (CMC) der belgischen Streitkräfte in Aachen am Bahnhof Rothe Erde eine Photo-Dokumentation angefertigt, kurz bevor dort die Abrißarbeiten begonnen hatten.

Ein Schandfleck soll endlich verschwinden | Aachener Zeitung vom 10. Juli 2013

Diese Brache befand sich zwischen dem Eisenbahnweg und dem Freunder Weg direkt hinter dem Bahnhof Rothe Erde.

Die belgischen Streitkräfte haben dieses Gelände bis Oktober 1995 genutzt. Dort hatten sie auch ein großes Einkaufs-Zentrum, wo sie sich neben der rein militärischen Infrastruktur ihrer Belange genauso versorgen konnten, wie auch zollfrei mit den Dingen des täglichen Bedarfs aus ihrer Heimat.

Die beiden Stahlbetonbauten wurden etwa 1956 errichtet und als Kühl- und Lagerraum genutzt. Das markante gerundete Gebäude sticht besonders hervor. Andere Gebäude wurden Anfang der 60iger Jahre als Garagen und Verwaltungsgebäude errichtet.

Die damals vorhandenen Gleisanschlüsse waren schon in früheren Jahren abgebaut worden.

 

Übrigens befand sich in unmittelbarer Nähe zu diesem Komplex - quasi gegenüber des CMC zwischen dem Freunder Weg und der Mataréstraße - zum Zeitpunkt meiner Aufnahme noch die ´Stone Company.


Alte Aachener werden sich erinnern, daß dort früher der Sitz der Firma Kartoffel-Braun gewesen war. 

Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft im Jahre 1946 eröffnet der spätere Präsident des Deutschen Fußball-Bundes Egidius Braun an dieser Stelle eine Kartoffel-Handlung. Heute stehen dort Neubauten.

Egidius Braun wohnt bei mir in der Nähe am Aachener Stadtwald.
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Sämtliche freien Fassadenflächen wurden selbstredend von den üblichen Probanden großzügig mit Graffiti verschönert.


Darunter waren allerdings auch ein paar Sachen, die mir gefallen haben.


Am Eisenbahnweg. Rechts ist das Einkaufshaus Aachen Arkaden zu erkennen. Dort kann man vom obersten Parkdeck interessante Perspektiven von Aachen erkennen und photographieren.


 Zum Zeitpunkt meiner Aufenthalte dort war das eine sehr ruhige ...


...  und etwas abgeranzte Ecke.



 Alte Baracke mit Graffiti.


Biotope auf dem Dach.


 Lagerhalle.



Eigentlich ein hübsches Gebäude mit seiner weich-femininen Rundung ...


 Rundung ....


 Strauchwerk auf den Dächern.


Eine Erleuchtung für jeden wahren (!!!) Freund der trüben Funzeln.


Im Hintergrund die Aachen Arkaden mit dem Parkhaus.



Graffiti im inneren der Ruinen


 Hat was ... !


 Eines meiner Lieblingsbilder aus dem Komplex.


 Zum Maschinenraum


 Müll und Graffiti



 Zugang zur Rampe des Geschäftszentrums.




 

Das vermutliche Depot ...


 ... und die Verkaufshalle.


 Flowerpower in Ruinen

 
 
Die Halle von hinten
 


Alter Schuppen

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Von 1995 bis April 2007 wurde das Areal vom Hauptzollamt "Rothe Erde" genutzt. (Quelle: Bunker-NRW)

Danach noch für eine kurze Zeit von allen möglichen Kleingewerbe-Betrieben.

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Am selben Tag nach meinem Besuch dort am 10. Juli 2013 hat es dort am Abend gebrannt.


Feuer am Freunder Weg: Hallen in Flammen

Mir ist schleierhaft, was man dort noch hätte anzünden können, außer vielleicht Müll und so was ...

Egal! Heute wird dort der wohl härteste Borgwürfel von Aachen für gut Betuchte hochgezogen.

Neubaugebiet „Guter Freund“: Hohe Wohnqualität auf der Brache


Hier kann man mal einen Blick rein werfen. Soll wohl noch was frei sein ...
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Auf meinem anderen Blog mach ich nachher was aus der Kategorie "seltsame Fahrräder". Kann auch wieder ´ne Wundertüte werden ...
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Einen schönen 4. Advent Euch allen.




Samstag, 3. Dezember 2016

Café & Konditorei Niessen | Aachen 1891 bis 1995 | 3. Teil

Nachdem ich im ersten Teil

Café & Konditorei Niessen | Aachen 1891 bis 1995 | 1. Teil

die Gründerzeit der Conditorei und des Café Niessen in der Aachener Pontstraße beschrieben habe, wurde im zweiten Teil


Café & Konditorei Niessen | Aachen 1891 bis 1995 | 2. Teil

die Zeit um das Jahr 1921 beschrieben.
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Im September und Oktober 1944 rückten die alliierten Soldaten von Belgien her kommend gegen die in Aachen kämpfenden Wehrmachtstruppen in die arg zerstörte Stadt ein.

Nachdem am 21. Oktober 1944 um 12:05 Uhr der Stadtkommandant Oberst Wilck die bedingungslose Kapitulation akzeptiert hatte, sah es in der Pontstraße gegenüber dem Café Nießen so aus.

Zu sehen ist die durch Bombenangriffe bereits im Jahr 1943 in Trümmern liegende Theresienkirche, die in den 50´iger Jahren wieder aufgebaut wurde und in den 70´iger Jahren eine Innen-Rekonstruktion erhielt.

Ein verschwommener Radfahrer ist zu sehen und ein alter Handwerkskarren.

Im Hintergrund ist links die Rückfront der früheren Mädchenmittelschule II zu erkennen (heute Philosophisches Institut der RWTH).


Die Theresienkirche ist heute eine der schönsten Kirchen in der Stadt und wird mittlerweile von der rumänisch-orthodoxen Gemeinde „Heilige Dreifaltigkeit“ für das Zelebrieren der heiligen Messe genutzt.

 Nach den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation freigegeben vom Photographen Euku
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Die Fassade des Hauses Pontstraße 70 mit dem Eingangsbereich des Café Niessen sah im Oktober 1944 so aus:

 
Während der letzten Kriegsjahre kam es zu einer Zusammenarbeit der Konditorenmeister Mathias Nießen und Jakob Moss. Dies hatte verschiedenen Gründe, die damals vertraglich vereinbart worden waren.


 
Die Schäden am Gebäude und im Inneren des Cafés durch Bombardierungen und Kampfhandlungen während des II. Weltkriegs waren immens und wurden in den 50´iger Jahren detailliert aufgelistet.

Hier die Kriegsschäden-Anmeldung vom 26. März 1954


 Schäden am Betriebsvermögen entstanden durch Bomben am 11. April 1944
 




Papier war wohl knapp in den Jahren

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1949 bestand der im Juni 1927 geborene Julius Niessen seine Gesellenprüfung für das Konditoren-Handwerk. 

Julius Niessen ist der kleine Junge auf dem Schoß seines Vaters, dem Konditormeister Mathias Niessen. Rechts daneben seine Mutter Maria auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1930. Ich hatte bereits im 2. Teil dieser Serie über ihn geschrieben.


Julius Niessen wurde der spätere Ehemann von Frau E. Niessen, die mir all die Geschichten erzählt und das Bildmaterial zur Verfügung gestellt hat. Wieder einmal meinen besten Dank dafür.
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Etwa um 1946 waren die gröbsten Schäden des Krieges beseitigt


 Es gab im Schaufenster ein adrettes Angebot an Waren.


Was auf dem Aushang "Extrablatt" drauf steht, kann ich leider nicht entziffern.

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Die Tischkarte des Café Niessen aus den Fünfziger Jahren.





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Aus der Zeit 1954/1955 stammen die folgenden Photographien.

Schaufensterfront und Eingangsbereich zum Café


Ein Mann läuft die Straße entlang und zwei Kinder stehen vor der Haustür


 In der Scheibe spiegelt sich das Bild des Photographen


 Keine Ahnung, wer genau die Personen sind
 

Ein Auto ist in der Spiegelung zu erkennen. Ist das ein Opel?


Und noch einmal die beiden Kinder sowie mehrere Frauen, die die Straße entlang gehen oder sich die Auslagen des Cafés im Schaufenster ansehen.


Details mit VW-Käfer ...


Ohne die Kinder aber mit dem VW-Käfer sowie einem anderen PKW


Detail


Was ist das für ein Auto im Jahre 1954 oder 1955? Sicher ist, - es gab lecker Eis bei Niessens.


Im rechten Nachbarhaus befand sich zu jener Zeit Mitte der Fünfziger Jahre das Ladengeschäft von Wein Bouth & Spirituosen. 

Später - in den Siebziger bis etwa in den Neunzigern - hatte hier die legendäre Augustinus Buchhandlung ihre Verkaufsräume.


Was in dem linken Nachbarhaus war, weiß ich nicht mit Sicherheit.



Möglicherweise das Textilgeschäft Jansen. Diese Bild hinter dem Link wurde vom Studentenwerk der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) Aachen auf deren Homepage veröffentlicht. 

Der VW-Käfer kommt mir allerdings bekannt vor ... Auch der Opel-Rekord P1 (mit der Seiten-Leiste) taucht im nächsten Teil dieser Serie (1957) vermutlich nochmal auf.

Heute befindet sich dort der Bereich der KHG und des Restaurants Magellan.

Zur Osterzeit im Jahre 1954 war das Schaufenster üppig dekoriert


Die Frau Maria Niessen (Ehefrau von Mathias und Mutter von Julius Niessen) steht hinter dem großzügig bestücktem Verkaufstresen neben einem Regal mit Tassen und Kaffeekannen.


Ein weiteres Regal ist voller Conditorei-Gebäck und Getränkeflaschen.

Detail

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Inzwischen hat sich auch die Schreibweise Niessen mit Doppel-ss durchgesetzt.
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Einen schönen 2. Advent wünsche ich meiner geneigten Leserschaft und wem was einfällt zu diesem Thema, der möge gerne meine Kommentar-Leiste nutzen.

Danke und bis die Tage